Eine andere Theorie der Moderne
14. Januar 2014
Den Versuchen, die Moderne theoretisch zu fassen, ist seit deren Beginn in der so genannten „Sattelzeit“ im achtzehnten Jahrhundert die Vorstellung einer Emanzipation vom Grund gemeinsam: Die „moderne Gesellschaft“ finde Sinn nicht mehr in einem letzten Grund – wie der Wahrheit einer göttlichen Offenbarung – und dessen Begründungsleistungen.
In seinem Vortrag stellt Raimar Zons eine anders gelagerte Emanzipation in den Vordergrund: eine Moderne, in der nicht vom Grund sondern der Grund selbst befreit wird: „Der Grund emanzipiert sich von allem Begründeten, er ist Grund in sich und nur dies, ohne noch ein Komplement an dem zu finden, was auf ihm ruht,“ erklärt der Literaturwissenschaftler. Auf einer Spurensuche nach dem „anderen Wesen“ der Moderne, das er nicht als Rückfall in eine Vor- oder Gegenmoderne verstanden haben will, führt er den Zuhörer von der Gefühlsreligion bei Schleiermacher über die Malerei von C. D. Friedrichs bis hin zu der Musik im 19. Jahrhundert.
Mit der Universität Konstanz ist Raimar Zons in vielfacher Weise verbunden. Seine Zusammenarbeit mit ihren renommierten Literaturwissenschaftlern reicht bis in die siebziger Jahre zurück. Damals gab er die Reihe von ‚Poetik und Hermeneutik‘ heraus, einer Forschungsgruppe, die den Weltruhm der Konstanzer Schule in den Literaturwissenschaften begründete. Jüngst trug Raimar Zons zum Gelingen einer Initiative des Exzellenzclusters „Kulturelle Grundlagen von Integration“ wesentlich bei: der Gründung von Konstanz University Press (KUP) als einem Imprint des Fink-Verlags. KUP ist ein unabhängiger Verlag, der seit 2010 ein anspruchsvolles kulturwissenschaftliches Buchprogramm betreibt.
Raimar Zons promovierte 1975 in Freiburg mit der Arbeit „Georg Büchner. Dialektik der Grenze“. Zunächst Redakteur im Verlag Ferdinand Schöningh, wechselte er zu Wilhelm Fink, wo er das Lektorat leitete, bevor er 2004 die Gesamtleitung des Verlags übernahm. Parallel dazu schrieb er seine Habilitation und erhielt mit dieser 1989 die Lehrberechtigung im Fach Allgemeine Literaturwissenschaft an der Universität Paderborn. 1995 wurde ihm dort der Titel eines außerplanmäßigen Professors verliehen. Seine Führungsposition im Fink-Verlag legte er 2012 nieder, um sich künftig wieder mehr auf seine Forschungsinteressen zu konzentrieren.